Geschichte

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Kurzchronik

1294 wird Mengsberg erstmalig erwähnt. Die ältesten Zeitzeugen sind die großen Linden oberhalb des Teiches (bis in die 1960er Jahre Tanz und Dreschplatz).

1360/67 wird im Ziegenhainer Urbar erstmals eine Kirche zu Mengsberg erwähnt.

Seit 1475 ist eine Pfarrkirche in Mengsberg urkundlich belegt, die jedoch beim großen Brand am
15. September 1875 niederbrannte.

1879 wurde der Grundstein für die heutige Kirche gelegt und 1883 wurde sie eingeweiht.

1974 wurde die ehemals selbständige Gemeinde Mengsberg durch die Gebietsreform in Hessen ein Stadtteil von Neustadt (Hessen). Nach Auflösung des Landkreises Ziegenhain gehört Mengsberg heute zum Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Ende 2010 hat Mengsberg 925 Einwohner.

Ausführliche Chronik

Inhaltsverzeichnis

Früheste Zeugnisse der Besiedlung der Gemarkung Mengsberg

Der „Knickwandtopf von Mengsberg"

Die Wüstungen in der Gemarkung Mengsberg

BACKHÄUSER VON MENGSBERG

DIE LINDEN VON MENGSBERG

BRANDKATASTROPHE

 

Diese Chronik ist eine Zusammenstellung aus folgenden Büchern:

100-jähriges Brandfest (Walter Gömpel 1975)
Chronik von Mengsberg (Willi Weitzel 1981)
700 Jahre Mengsberg (W.Gömpel, M.Rudewig 1994)

Früheste Zeugnisse der Besiedlung der Gemarkung Mengsberg

Nach bisherigen Erkenntnissen liegt die älteste Siedlungsstätte der Gemarkung Mengsberg bei der Wüstung Enzenrode vor dem Momberger Wald. Dafür sprechen der dort 1845 geöffnete Grabhügel und der sogenannte „Knickwandtopf von Mengsberg". Eine Besiedlung dieser Gegend ist somit bereits für das 6. bzw. 7. Jahrhundert nachzuweisen.

Der Grabhügel
Im Laufe des Frühjahrs 1845 wurde beim Einebnen einer Wiese nahe Enzenrode in der Gemarkung Mengsberg eine Vielzahl von Fundstücken zu Tage gefördert. Dort wurde ein Hügel abgetragen, der sowohl wegen seiner äußeren Gestalt, als auch wegen seiner Sohle, die deutliche Spuren einer Brandstätte trug, für einen Grabhügel gehalten werden mußte.

In den Periodischen Blättern des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde [13] ist über diese Ausgrabung im Jahre 1845, die der Mengsberger Pfarrer Fröhlich leitete, folgender Fundbericht enthalten:
„Der Hügel stand 1/2 Stunde von Mengsberg, rechts des Weges nach Speckswinkel, vor dem Walde, fast mitten in einem kleinen Tale liegenden, etwas sumpfigen oder vielmehr versumpften schmalen Wiesengrund, ganz in der Nähe des ausgegangenen Ortes (Hofes) Entzerod und hatte eine Höhe von ungefähr9' der Umfang betrug 166' und der Durchmesser 56'. Seine Form war halbkugelig, gleichmäßig rund; oben nicht platt, sondern gewölbt; regelmäßiger, als die in dem benachbarten Wasenberger und Wieraer Walde befindlichen Hünengräber. Aus der etwas bogenförmigen Abschrägung des ganz nahen, ziemlich hohen Rains sieht man, daß davon die Erde zum Aufbau des Hügels genommen worden ist. Die erste Erdschicht des Hügels war überall, oben und ringsum, gegen 4' mächtig, mit gebackenen Tonschollen und kleinen und großen Kohlen gemischt. Schon in dieser Erdlage fanden sich Pfeile, Nägel und Scherben von Urnen, die oben alle zerstreut lagen und zu einer vollständigen Urne sich nicht zusammensetzen ließen. Die größte Scherbe, die anfangs für eine ganze Urne gehalten wurde, stand ganz schräg, wahrscheinlich durch den Druck des Erdreichs in diese Lage gebracht.

Das Innere (Bruch) des Hügels bis auf den Grund, die Brandstätte, war ein Gerölle von gebackenen Ton und größeren (wegen den darin eingeschlossen gewesenen und verwesten Reisern, Halmen), sehr porösen Tonklumpen und großen Tonschlacken. Dieses ganze Gerölle war mit einer Menge großer und kleiner Kohlen von verschiedenartigem Gehölz vermischt und es waren darin hier und da, nicht, wie es schien, nach einer gewissen Ordnung, ein garer Kalkstein und ein hart gebrannter und darum leicht zerbröckelbarer Wackenstein immer nebeneinander gestellt, gewöhnlich auch noch ein derartiger Stein über die beiden her gelegt. In der somit entstandenen Höhlung fanden sich in der Regel Scherben, Pfeile.

Die Kalksteine finden sich in der nächsten Umgebung des Hügels, die Wackern 1/8 und die Tonart 1/4 Stunde davon. Um die zur Brandstätte bestimmte Fläche  -  dieselbe hat einen Umfang von ungefähr 36' und gleicht einer gewöhnlichen Kohlstätte  -  scheint vorerst eine hohe dicke Tonwand (um das Feuer einzufassen, seine Kraft zu konzentrieren) aufgeführt worden zu sein; nach dem Verbrennungsprozeß wurde dann diese Erdmasse zur nächsten Umhüllung verwandt. In und an den Urnenscherben hingen Ascheklumpen, wie es schien, mit mehr oder weniger Erde vermischt. Die äußerst wenigen Überreste von Knochen zeigten keine deutlichen Brandspuren. Der Unterkiefer (von einem Hund?) fand sich auf dem Boden einer unten spitz zulaufenden zerbrochenen (zerdrückten) Urne.

Eine Regelmäßigkeit in der Aufeinanderfolge der aufgefundenen Gegenstände war nicht zu ermitteln. Alle vorgefundenen Sachen lagen, wie bemerkt, zerstreut und in bunter Verwirrung untereinander. Mehrere Nägel lagen doch gewöhnlich dicht zusammen. Beim Volk ist der Hügel unter keinem anderen Namen, als unter dem: der Küppel in N.N. Wiese` bekannt gewesen. "

Bei dieser Ausgrabung 1845 wurden folgende Gegenstände zu Tage gefördert:
Ein zweischneidiges, etwa 2" breites und 3' langes eisernes Schwert, das auf beiden Seiten in der Mitte der Länge nach gefurcht war und dessen augenscheinlich mit Holz belegt gewesener Griff oben ein Kreuz und unten einen viereckigen kupfernen oder bronzenen Knopf hatte; 3 Sporen; viele Pfeilspitzen; ein Beil; eine Rodhacke; ein Pferdestriegel; Bruchstücke von Messern; ein großer und ein kleiner Schlüssel, beide von sehr alter Form; eine Kette von 11 Gliedern; Huf- und Absatzeisen; eine Pfanne; ein Türbeschlag; ein Riegel; eine große Tor- und einige kleinere Türkrampen; Nägel von verschiedener Art, die großen zum Teil mit verzierten Köpfen, alles von Eisen. Ferner ein tönerner Wörtel; einige unbekannte Gerätschaften von einem weißen Ton mit einer bläulichen Glasur; einige Scherben grünen Glases. Unter den eingeschickten menschlichen Knochen zeigte nur einer Spuren vom Feuer.

Aus welcher Zeit der Grabhügel und somit auch die Fundstücke stammen, blieb unerwähnt. Die Fundstücke wurden nach [38] im Jahre 1879 vom Hessischen Landesmuseum Kassel an das Museum Marburg übergeben und dürften sich noch heute dort befinden.

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Maße in Kurhessen:
1'' = 1 Zoll : ca. 2,5 cm (Länge des ersten Daumengliedes)
1' = 1 Fuß = 12 Zoll : ca. 28,8 cm (Länge des menschlichen Fußes)
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Der „Knickwandtopf von Mengsberg"

Die Fundumstände des sogenannten „Knickwandtopfs von Mengsberg" sind unbekannt. Eine Privatsammlung archäologischer Altertümer von Dr. K. Engelhard aus Neustadt enthielt ein aus Scherben zusammengesetztes merowingerzeitliches Knickwandgefäß aus dem 6. bzw. 7. Jahrhundert [38]. Nach dem Tod von Dr. Engelhard 1943 gelangte dieser Topf fränkischer Prägung mit dessen Sammlung zunächst an das Landesamt für Denkmalpflege in Marburg, wo er mit Vorbehalt einem Fundort in der Gemarkung Mengsberg zugewiesen wurde. Die Zuweisung erfolgte aufgrund eines dem Gefäß inliegenden Zettels und ist somit nicht eindeutig gesichert. Das Fundstück soll demnach aus dem Gebiet der Kalköfen bei Enzenrode, nahe der Momberger Gemarkungsgrenze, stammen. Heute befindet sich der „Knickwandtopf von Mengsberg" im Hessischen Landesmuseum Kassel.

Zeichnung des Knickwandtopfes Zeichnung des Knickwandtopfes
Zeichnung des Knickwandtopfes

Detailaufnahme des Knickwandtopfes
Detailaufnahme des Knickwandtopfes

Aufgrund seines fast vollständigen Erhalts könnte es sich bei dem Knickwandtopf um ein Fundstück aus einem Grab bzw. einem Reihengrab handeln. Funde aus dieser Merowingerzeit sind in Nordhessen äußerst selten. Bisher entdeckte man merowingische Gräber auf der Amöneburg und in Werkel. Ein weiteres Knickwandgefäß fränkischer Prägung wurde in Niedervellmar bei Kassel gefunden [29].

 

Erste urkundliche Erwähnung von Mengsberg

Über die Entstehung des Dorfes Mengsberg ist urkundlich nichts bekannt. Eine Urkunde des Klosters Haina vom 5.März 1294 [ll] ist somit der älteste Beleg für die Existenz des Dorfes. Mengsberg dürfte jedoch wesentlich älteren Ursprungs sein. Einen Hinweis auf den Entstehungszeitraum liefert uns der Ortsname. So sind in der Epoche der Völkerwanderungszeit (4. bis 6. Jahrhundert) Ortschaften mit den Grundwörtern „-heim", „dorf", „-hausen", „hofen", „-feld" und„-rode" entstanden [41. Später kamen dann „-stadt", „-burg" und unter anderen auch „-berg" hinzu. Mengsberg ist daher wohl in dem Zeitraum des 6. bis 9. Jahrhunderts gegründet worden.

Die älteste bekannte Schreibweise für Mengsberg aus dem Jahre 1294 ist „Meyngozberg". Der Ortsname „Meyngozberg" setzt sich dabei aus dem Personennamen „Meingoß" und der geographischen Begebenheit „Berg" zusammen. Meingoß stammt von dem germanischen Namen Magingaut ab [1]. Die heutige Form dieses Personennamens ist Menges. „Meyngoz" könnte somit auf den ersten Siedler bzw. den Gründer des Ortes Mengsberg aus der Zeit vor 1294 hinweisen.

Weitere Schreibweisen für Mengsberg in den vergangenen Jahrhunderten: 1339 / 1345 „Mengisberge", 1350 „Mengosberge", 1360 - 67 „Mengozzesberge", 1365 „Mannesberge", 1367 „Mengoßberge" und „Mengesberge", 1376 „Meyngoisberge", 1448 „Mengesperge", 1475 „Mengisperge" und 1482 / 1507 / 1534 „Mengenberg".

In der Urkunde des Klosters Haina vom 5. März 1294 wird nicht das Dorf Mengsberg, sondern ein „Rudolf von Meyngozberg" als Zeuge erwähnt. Dieser Rudolf von Mengsberg gehörte zum sogenannten Ortsadel. Da Ortsadlige sich nach dem Ort nannten, in dem sie Besitzungen hatten, wird die Existenz des Dorfes Mengsberg zu jener Zeit vorausgesetzt. Das Original der Urkunde befindet sich im Hessischen Staatsarchiv Marburg.

 

Die Übersetzung der Urkunde vom 5. März 1294:

Arnold gen. Beschart verkauft mit Zustimmung seines Vaters Wigand Beschart und seiner Mutter Lisa, seiner Brüder Wigand und Konrad des Scholaren, seiner Schwester Metze und ihres Ehemanns Heinrich von Richerode (Richelerade) einige Güter in Holzhausen bei Frohnhausen (Frenenhusen), die ihm sein Mutterbruder (avunculus) Helwig gen. Zicke gegeben hatte, samt allem Zubehör an das Kloster Haina zu freiem, erblichen Besitz und leistet Verzicht; er bezeugt zugleich, daß Heinrich von Richerode und Metze vor Bruno von Ottenrode (Ottinrade) und Rudolf von Mengsberg (Meyngozberg) gesondert Verzicht geleistet haben, und gelobt gemeinsam mit seinem Vater Wigand Nährschaft. - Zeugen: Ritter Arnold von Paderborn (Paderburn) und sein Sohn Arnold; Heinrich Brotrump, Gumpert von Kleinern (Creygeren), Johann von Nilach, Burgmannen zu Wildungen; Konrad von Lehre (Lare), Culo, Hermann gen. Macz von Braunau (Bruninnowe), Wäppner; Volpert gen. Voss (Voßs), Ditmar von Bringhausen (Bruninchunsen), Gumpert vor dem Tore (ante Portal), Bertold von Borken, Schöffen ebd.; Ludwig gen. Spare, Werner Metzger (Carnifex), die Brüder Mengot und Johann. - Siegler: die Stadt Wildungen. - Datum a. d. 1294, 3. nonas marcii.

 

Das Dorf Mengsberg

Eine lückenlose Darstellung der Geschichte Mengsbergs zu jener Zeit läßt sich aus den bisher bekannten Urkunden nicht ermitteln.

1345 wird das Dorf Mengsberg erstmals urkundlich erwähnt, nachdem bereits seit dem Jahre 1294 seine Existenz belegt ist. Die v. Urff übereignen in dieser Urkunde dem Kloster Haina ihre Einkünfte zu Mengsberg. 1350 gelangen die Einkünfte der Grafenfamilie von Ziegenhain aus ihren Hufen zu Mengsberg durch Tausch an das Kloster Haina. Im Jahre 1367 sind Dorf und Gericht den v. Bellnhausen durch den Grafen von Ziegenhain versetzt. In den folgenden 80 Jahre zwischen 1367 und 1448 ist über Mengsberg aus Urkunden bisher nichts bekannt.

Erst 1448 erfährt man, daß das Dorf den v. Bellnhausen und Hen Sleren versetzt ist. Im Jahre 1482 bekennt Hans v. Dörnberg, daß ihm der Landgraf das Dorf Mengsberg verkauft hat. Der Zehnte zu Mengsberg ist 1487 im Besitz der v. Liederbach und an Ludwig Phiffer und Konz Kelners verpfändet.

Anfang des 16. Jahrhunderts verfügt das Kloster Spieskappel über Güterbesitz in Mengsberg. In den Jahren 1507 und 1534 ist das Dorf den v. Dörnberg verschrieben. 1557 ist das sogenannte Burglehen zu Mengsberg an 7 und 1576 an 9 Beständer verpachtet [33]. Um 1585 teilen sich den Zehnten zu Mengsberg die v. Liederbach, Rodenhausen, Regen und v. Schwertzel.

 

 

Die Wüstungen in der Gemarkung Mengsberg

Eine Orts-Wüstung ist eine verlassene Siedlungsstelle. Die Zeit, in der viele Dörfer zu Wüstungen wurden, liegt nicht im 30jährigen Krieg - wie oft angenommen wird - sondern zwischen den Jahren 1320 und 1470 [21]. In diesem Zeitraum, der sogenannten ,Wüstungsperiode", wurden auch die ehemaligen Dörfer in der heutigen Gemarkung Mengsberg aufgegeben. Die Gründe für den Niedergang der Dörfer waren sehr vielschichtig. Dazu zählen vor allem die Pest, aber auch Hungersnöte als Folge von Mißernten und Kriege bzw. kriegerische Überfälle der Raubritter führten zum Verlassen der Siedlungen.

Viele der ausgegangenen Orte lagen zudem in ungünstigem Gelände und auf schlechtem Boden. Die Überlebenden aus diesen „Fehlsiedlungen" waren daher besonders schnell bereit, ihre Dörfer aufzugeben und Höfe in siedlungsgünstigeren Orten zu übernehmen.

Zu jener Zeit kam auch der Übergang von der extensiven, mittelalterlichen Feldwechselwirtschaft zu einem intensiveren Dauerfeldanbau. Bis dahin waren die Äcker lange und in unregelmäßigen Abständen brach liegengelassen worden. Mit der Dreifelderwirtschaft, die sich herausbildete, wechselten Fruchtfolge und Brache regelmäßig. Der schwächeren Nachfrage, als Folge der abnehmenden Bevölkerung, standen nun auch noch höhere Erträge und als deren Folge weiter abnehmender Landbedarf gegenüber.

Dies zeigt, daß oft ein Wechselspiel zwischen den verschiedene Ursachen bzw. Auswirkungen zum Aufgeben der Dörfer und somit zu den heutigen Wüstungen führte. Aus welchen Gründen nun die Wüstungen in der Gemarkung Mengsberg entstanden sind, ist ungeklärt. In den nachfolgenden Ausführungen soll das, was wir von diesen Wüstungen bisher ermitteln konnten, dargelegt werden.

An dieser Stelle möchten wir Herrn Heidenreich aus Trutzhain, anerkannter Hobbyarchäologe, danken, der uns bei der Lokalisierung der Wüstungen in der Gemarkung Mengsberg durch Scherbenfunde behilflich war.

 

 

Wüstung Diemesdorf

Dieser Ort ist urkundlich nicht erwähnt, lediglich die Flurbezeichnungen „Diemesdorf bzw. „Deinsdorf" aus dem 16. und 17. Jahrhundert sprechen für seine Existenz. Heute gibt es eine Flur dieses Namens in der Gemarkung Mengsberg nicht mehr. Ob Scherbenfunde aus dem Mittelalter westlich der Jäckelsmühle (Schlagmühle) einen Hinweis auf die Existenz und die Lage dieses Ortes geben, ist fraglich. Denn nach der Grenzbeschreibung des Amtes Schönstein von 1613 ist Diemesdorf dicht an der Mengsberg-Appenhainer Gemarkungsgrenze auf Appenhainer Seite zu suchen.

Der früheste Anhaltspunkt für einen Ort Namens Diemesdorf in der Gemarkung Mengsberg findet sich im Erbregister der Stadt und dem Amt Ziegenhain aus dem Jahre 1555 [A 9]. Dort ist unter Mengsberg ein Ruckel Schuchman erwähnt, der von seinen Äckern zu „Diemesdorff bei der Moeln" an den Gnädigen Fürst und Herren zinst.

Weitere Erwähnungen dieser Flur finden sich in den Grenzbeschreibungen des Amtes Schönstein. So wird 1576 „Deinsdorf" und 1613 „Diemesdorf" bei der Beschreibung der Grenze des Amtes im Bereich Mengsberg und Appenhain genannt [3].

1613 versuchten die Mengsberger vergeblich, eine Grenzänderung herbeizuführen, dadurch, daß sie den Grenzzug nördlich um das Diemesdorf herumführen wollten.

In der Grenzbeschreibung des Amtes Schönstein ist darüber folgendes zu lesen:
,,... auch demselben folgents hinnunder die Gecksmöhln voruber, immer an dem Walde oder Heiligen Holtze hinnaus am waßerflus bis jegen die ecke des Diemesdorfs, undtt wöllen daselbst die Mengsperger zur rechten des Diemesdorfes hinauf zu einem großen gezeichneten buchenbaum, welches ihnen aber unseres gnädigen fursten und herrn förster nicht gestehenn, sondern die grentze zur linken des Diemesdorfs hinnauf haben wöllen zue einem auch großen buchen mahlbaum undt von demselben zu dem steinern aufwurf, so auf der hohe ligt. "

Diemesdorf steht in Dillichs Spezialtafel vom Amt Schönstein als Flurname südlich von Appenhain am Nonnenwald und Eitzenhainer Bache [311.

 

 

Wüstung Enzenrode (Nesselrode)

Der untergegangene Ort Enzenrode lag südöstlich von Mengsberg, dicht an der Mengsberg-Momberger Gemarkungsgrenze vor dem Momberger Wald. Noch heute zeigen uns die Flurbezeichnung „im Entzeroth" und dortige Scherbenfunde aus dem 13. und 14. Jahrhundert die Lage des wüsten Ortes. In neueren Flurkarten wird diese Flur mit „Wüstung Nesselrode" bezeichnet. Eine Erklärung hierfür konnte bislang nicht gefunden werden.

Bei der Wüstung Enzenrode handelt es sich bisher nachweislich um das älteste Siedlungsgebiet in der Gemarkung Mengsberg. Dies belegen Funde aus frühgeschichtlicher Zeit. 1845 wurde nahe bei der Wüstung Enzenrode von dem damaligen Mengsberger Pfarrer Fröhlich ein Grabhügel ausgegraben, dabei traten zahlreiche Funde zutage. Desweiteren wurde vermutlich auch ein Tongefäß, der sogennante „Knickwandtopf von Mengsberg", auf dem Gebiet der Wüstung Enzenrode gefunden. Es handelt sich dabei um ein merowingerzeitliches Gefäß aus dem 6. bis 7. Jahrhundert. Näheres über die Ausgrabung und den Knickwandtopf siehe Kapitel „Früheste Zeugnisse der Besiedlung der Gemarkung Mengsberg".

Das Gebiet des ehemaligen Dorfes Enzenrode erstreckte sich vermutlich über die heutige Mengsberger Gemarkungsgrenze hinaus. So dürfte auch ein Teil des Momberger Feldes und des Momberger Waldes zu Enzenrode gehört haben. Dafür sprechen auch die Grenzstreitigkeiten bei dieser Wüstung zwischen Mengsberg und Momberg im 16. und 17. Jahrhundert.

Im 16. Jahrhundert kam es zwischen Mengsberg und Momberg wegen des fraglichen Waldes zum Streit [27]. Die Mengsberger beanspruchten damals einen Teil des Waldes „das Vorholz" als ihr Eigentum. Die Momberger führten den Beweis, daß der streitige Bezirk, wie der ganze Wald, zu Momberg gehörte. Heute befindet sich die Flur „das Vorholz" in der Mengsberger Gemarkung.

Ebenfalls im 16. Jahrhundert kam es zwischen Mengsberg und Momberg zu einem heftigen Streit um die Kalkgruben bei der Wüstung Enzenrode [24], der sich fortan mehr als hundert Jahre lang hinzog. Aus dem Jahre 1659 liegt darüber folgender Bericht mainzischer Seite vor:
„Bei Momberg, ist ein Wald und eine Kalkgrube, davon von unendlichen Jahren viel Streits, auch unterschiedliche Schlägereien und Verbitterung entstanden, also auch das die schöne Kalkgrube ein lange Zeit liegen blieben und von keinem Teil gebraucht werden konnte. Die Sache ist vor 60 und mehr, Jahren an das kaiserliche Kammer-Gericht geraten, da sie noch ruht und allem Anschein nach nicht getrieben wird. ... "

Diese Grenzstreitigkeiten wurden nach Diefenbach [8] seit dem 16. Jahrhundert mehrfach beigelegt, letztlich erst durch die Grenzkonferenz des Jahres 1756. Noch heute weist die Flur „die Streitecke" auf diese Rechtsstreitigkeiten hin.

Eine Momberger Sage, die jedoch nichts weiter als ein Märchen ist, erzählt über den heutigen Momberger Wald [27]:
„Einst habe bei den Kalksteinbrüchen zu Enzerode ein Schloß gestanden, daselbst habe ein Herr von Schenk gewohnt und seine Gemahlin sei die Frau gewesen, deren Portrait in der Momberger Kirche hängt. Er sei lutherisch, sie katholisch gewesen. Da sie keine Kinder gehabt hätten, so habe er seinen Glaubensgenossen in Mengsberg das zum Schloßgute gehörige Feld und sie ihren katholischen Glaubensgenossen in Momberg den Wald vermacht. "

Ob Enzenrode eine Kirche besaß, konnte bislang nicht ermittelt werden. Auch über die Bewohner ist kaum etwas zu erfahren. Um 1360 wird erstmals ein Lehnsmann „Rulo von Enzenrode" erwähnt, ob es sich bei diesem um einen Ortsadligen handelt, ist jedoch fraglich. Nach Malkmus [27] weisen Anfang des 20. Jahrhunderts quadratische Anrainungen auf eine Burg hin. Auch Reimer [31] und Reuling [32] führen ein Schloß zu Etzenrade an. Diese Burg bzw. dieses Schloß dürfte jedoch eher bei der Wüstung Etzgerode in der Nähe des Etzgeröder Hofes bei Speckswinkel zu suchen sein. Dies wird auch durch Reuling [32] bestätigt, nachdem Etzgerode Burgsitz war.

Durch Urkunden ist folgendes von Enzenrode bekannt:
Eine gesicherte Zuordnung der Urkunden zum Ort Enzenrode in der Gemarkung Mengsberg ist schwierig, da sich in der Nähe des Etzgeröder Hofes bei Speckswinkel ein Ort namens Etzgerode befand, dessen Schreibweisen sich im Mittelalter nicht von der von Enzenrode unterschied. Nach Reuling [32] scheint der Name des Ortes Enzenrode in der Gemarkung Mengsberg nach dessen Untergang auf den Burgsitz Etzgerode in der Gemarkung Speckswinkel übergegangen zu sein.

Bereits nach 1015 wird in einer Urkunde ein „Acenrode" erwähnt, ob es sich dabei um Enzenrode handelt, ist jedoch fraglich. Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung von Enzenrode geht auf das ,Jahr um 1248 zurück. In der Mitte des 13. Jahrhunderts und 1324 gehört Enzenrode zu den Dörfern, die nach Amöneburg zehnten. Der Zehnten zu Enzenrode ist zu jener Zeit also im Besitz des Erzstifts Mainz. Wollen wir einer Angabe des Ziegenhafner Urbars von 1360 / 67 Glauben schenken, so erwirbt das Erzstift Mainz Enzenrode zusammen mit anderen Orten erst im 14. Jahrhundert tauschweise von den Grafen von Ziegenhain. Nach Klibansky [24] wird Enzenrode zusammen mit anderen Dörfern mit dem Gebiet des 1294 neu erworbenen Amtes Neustadt vereinigt.

In einer Rechnung um 1360 über mainzische Fruchteinkünfte in Richerode (Ruchelrode) und Enzenrode sind folgende Lehnsträger genannt: Gunther von Ottenrode, Rulo von Enzenrode, Hedes von Zettrichhausen (Zydrichhusen), der Müller von Weidelbach (Walbach), Dylonis von Linsingen, Conrad von Richerode (Ruchelrode), Wydiche, Groß (Groze) und Krug. Wer von diesen vorgenannten Personen ein Lehnsmann in Enzenrode war, läßt sich jedoch nicht mit letzter Sicherheit sagen.

 

Zeittafel der Wüstung Enzenrode

nach 1015 „Acenrode" in Urkunde erwähnt [31, 32] (Wohl kaum auf Enzenrode zu beziehen)

um 1248 Der Erzbischof von Mainz hat den Zehnten zu „Enzenrode" [35]

um 1248 Die Grafen von Ziegenhain haben den Zehnten zu „Enzenrode" angeblich zu Unrecht vom Erzstift Mainz zu Pfand [321

nach 1294 „Etzenrode" wird mit dem Gebiet des Amtes Neustadt vereinigt [24] 1309 „Enzenrade" in einer Urkunde des Klosters Haina erwähnt [11] 1324 Mainz besitzt den Zehnten zu „Enzenrode" [35] 1353 Der Zehnte zu „Entzenrode" gehört den v. Linsingen [31, 32]

1359 Erzbischof Gerlach von Mainz verpfändet die Wüstung „Eczenerode", die früher ein Dorf gewesen sei, mit Gericht, Zehnten, Gülten und allem Zubehör an Ludwig von Momberg [31, 32]

um 1360 Rechnung über mainzische Fruchteinkünfte in „Ruchelrode" und „Enzenrode" [Staatsarchiv Würzburg: Mainzer Urkunde, weltl. Schrank 65/6E]

14. Jh.  Erzstift Mainz erwirbt „Etzinrode" zusammen mit anderen Orten tauschweise von den Grafen von Ziegenhain [A 1]

1434 Adolf u Hirzenhain trägt sein Schloß „Etzenrade" dem Landgrafen zu Lehen auf; 1572 war das Schloß wüst (Gemarkung Speckswinkel) [31, 321

1491 Die Nodung von Wehrda verkauft ihre Güter zu „Enzenrode" an die v. Dörnberg [31, 32]

15. Jh. „Mengsberg prope Entzenrade" in dem Archidiakonatsregister unter der Sedes Treysa und desgleichen „Entzenrade" unter der Sedes Neustadt er­wähnt [44]

1510 Bürgermeisterregister von Neustadt hat den Posten: „einen Wagen Kalks geholt zu Enzenrade" [27]

 

Wüstung Gerwigshain

 

Etwa 3 km nordwestlich von Mengsberg, an der Straße nach Hatzbach (Volksmund: Butterweg), an der wüsten Kirche, im Quellgebiet eines nach Mengsberg fließenden Bachlaufs, lag das Dorf Gerwigshain.

Flurname 1555 „Wüstung Gerwichshain", 1576 „Gerbisheim", um 1614 ,Wüste Gerwigshain", 1708/10 ,Wüste Kirche".

Nach Landau [25] waren 1858 noch Trümmer der Kirche zu sehen. Nach Malkmus [27] soll noch Ende des 19. Jahrhunderts ein Grabstein aus dem 14. oder 15. Jahrhundert dort gelegen haben.

1880 wurden von Mühlhausen, dem damaligen Oberförster zu Spechswinkel, Grabungen im Bereich der Gerwigshainer Kirche duchgeführt. Im Hessischen Landesamt für Denkmalpflege sind bis heute zwei Briefe erhalten, die der Oberförster an den Archivdirektor in Marburg schrieb [A 8]. Die Briefe werden nachfolgend im Wortlaut wiedergegeben.

1. Brief an den Marburger Archivdirektor vom 24. Januar 1880:

„Im Staatswalde der Oberförsterei Mengsberg, welche ich verwalte, liege an der Stelle, wo früher das Dorf Gerwigshagen (Gerbeshain) lag, noch der Stein, welcher als Schlußstein der Kirchentür über letzteren eingemauert war. Die Form ist bestehende und ist das noch sehr wohl erhaltene Kreuz erhaben ausgemeißelt, dasselbe ist 30 cm hoch und 20 cm breit. Das Dorf Gerwigshagen gehörte zum Kloster Haina, wurde jedoch im 13. Jahrhundert an den Grafen von Ziegenhain abgetreten. Belehnt war mit dem Dorf ein adliges Geschlecht, welches sich von Gerwigshain nannte. Urkundlich kommt ein Conradus de Gerwigshain vor. Im 14. oder 15. Jahrhundert muß das Dorf eingegangen sein, wahrscheinlich wegen eingetretener Unfruchtbarkeit der Äcker in Folge hoher Lage. Da der oben genannte Stein zu den mittelalterlichen Denkmälern gehört, welche in Marburg ihren Stammplatz haben, so frage ich ergebenst an, ob dieser Stein gewünscht wird. Ich würde denselben als dann mit Genehmigung königlicher Regierung seiner Lagerstelle entnehmen und durch mein Fuhrwerk zur Bahnstation Neustadt bringen lassen, woselbst er dann (mit Brettern umschlagen) als Frachtgut aufgegeben werden könnte. "


Türstein der Kirche zu Gerwigshain

2. Brief an den Marburger Archivdirektor vom 3. März 1880:

„Wird ergebenst wieder zurückgesendet. Den Stein habe ich vor ca. 3 Wochen zur Bahn (in Neustadt) aufgegeben und wird derselbe wohl unversehrt angekommen sein. Ich habe nun vor Ort und Stelle Untersuchungen angestellt. Wo die Kirche stand, ist bereits früher stark nachgegraben worden und fast alle Mauersteine zum Waldwegebau verwendet worden. Alte Holzhauer, welche zuletzt im Jahre 1869 dort Steine gegraben haben, erzählten, sie hätten an der Seite a - b der folgenden Zeichnung Menschenknochen und ganz schwarze Eichenbretter (Särge) dicht an der Mauer im Innern der Kirche gefunden; das Eichenholz sei noch gut gewesen, aber schwarz, sie hätten es mitgenommen und zu Einlagen an Schränken verwendet. An der Stelle x fanden dieselben den übersendeten Türsturz, also ist dort die Tür gewesen. Das Rechteck a - b - c - d hat 10 und 15 Meter Seitenlänge; vor c - d ist wahrscheinlich ein kleinerer Anbau (Chor) gewesen. Die Holzhauer fanden ferner den Griff von einem alten Schwert, ein Beil, Pferdege ..., eine Flachsreffe(?), diese Eisenstücke sind jetzt verschwunden. Auf der gestrichelten Linie e - f habe ich einige Einschläge an Stellen, wo alte Buchenstöcke ein graben verhinderten, machen lassen und dabei die folgenden Ziegeln gefunden; eine derselben ist eine Firstziegel gewesen und erkennt man noch den Pferdekopf, mit welchem eine jede Firstziegel geziert war. Der Erd- und Steinschutt zeigt überall Kalkmörtel, hier und da auch Asche, als ob die Kirche durch Brand vernichtet wäre. In nächster Nähe der Kirche finden sich noch einige Stellen, wo unzweifelhaft Häuser standen; an einer derselben stehen die Mauern noch unversehrt, aber stark mit Buchen bewachsen. Die Hohle ist wahrscheinlich der Ortsweg von Gerbeshain gewesen.


Skizze des Grundrißes der Kirche zu Gerwigshain

Ich beabsichtige im Lauf der nächsten Jahre zwecks Benutzung der noch vorhandenen Steine zum Weltbau alle diese Stellen, besonders aber die Kirche nochmals umgraben zu lassen und werde hierrüber seiner Zeit weitere Mitteilungen machen.

An einem der im Jahre 1869 ausgegrabenen Steine soll eine Jahreszahl gewesen sein, die Holzhauer konnten jedoch nicht angeben, ob dieser Stein auch zerschlagen wurde oder wohin er sonst gekommen sei. Ich werde bei meinem Dienstvorgänger dieserhalb eine Anfrage stellen. "

Gerwigshain ist ohne Zweifel die größte der in der Gemarkung Mengsberg wüst gewordenen Ortschaften gewesen.

Durch Urkunden ist folgendes von Gerwigshain bekannt:

Die erste urkundliche Erwähnung von Gerwigshain geht auf das Jahr 1196 zurück. 1294 war Gerwigshain nach Landau [25] und Reuling [33] fuldarisches, nach Reimer [31] hingegen hersfeldisches Lehen des Grafen v. Ziegenhain, der es dem Kloster Haina damals abtrat. Das Kloster Haina erwarb 1295 und 1308 auch den Zehnten zu Gerwigshain. Somit war nach 1308 das ganze Dorf in Besitz des Klosters gekommen. Im Jahre 1350 vertauschte Kloster Haina das Gericht zu Gerwigshain an die v. Ziegenhain. 1368 gehörte Gerwigshain zum Amt Schönstein. Wüstung wurde Gerwigshain somit nach 1368 und vor 1526, da 1526 die Mengsberger bereits das Nutzungsrecht zu Gerwigshain fordern.

Die Kirche, deren Patronat Haina sich 1368 vorbehielt, gehörte im 15. Jahrhundert zum Dekanat Neustadt.

Ein Ortsadel „von Gerwigshain" ist seit 1231 urkundlich belegt. Noch im Jahre 1319 ist ein Eckehard v Gerwigshain als ehemaliger Kloster-Kellner in einer Urkunde des Klosters Haina genannt. Das Geschlecht v. Gerwigshain dürfte somit im 14. Jahrhundert erloschen sein.


"Glockenborn"

Die Grundmauern der Kirche von Gerwigshain, sowie einzelne Kellergewölbe, standen vor 70 Jahren noch. Später sind die Steine zum Bau des "Hatzbacher Kreuzes" verwendet worden. Die Gerwigshainer Dorfquelle, der "Glockenborn", mit seiner runden, gemauerten Umfassung, war immer ein beliebtes Ausflugsziel der Mengsberger. Der Sage nach sollen die Gerwigshainer ihr Silberglöckchen, um es vor dem Feind zu retten, in diesem Brunnen versenkt haben. Später sei die Glocke nach Mengsberg gebracht worden, um als Gebetsglocke zu dienen. Von diesem Zeitpunkt an wird der Gerwigshainer Dorfbrunnen "Glockenborn" genannt Leider ist er heute so versumpft, daß kaum noch etwas zu sehen ist. Wieder verschwindet ein historischer Teil in der Mengsberger Gemarkung.

Zeittafel der Wüstung Gerwigshain

1196 Kloster Spieskappel verfügt über Einkünfte in „Herwigeshagen" [26, 41]

1245 Ritter Gerlach von Allendorf trägt dem Erzstift Mainz ein Drittel des Dorfes „Gerwigeshagen", bisher sein Eigentum, zu Lehen auf [11, 41]

1252 Graf Bertold von Ziegenhain gibt die Hälfte des Zehnten zu „Gerwigeshagen" seinem Ministerialen Bruno v. Gerwigshain, dessen Ehefrau Mechthild und ihren Kindern frei von Grafschaft und Vogteirecht zu Lehen [11]

1280 Reinhard von Altenburg übergibt mit Zustimmung seiner Erben Güter zu Josbach und „Gerwineshagen" an das Kloster Hachborn [36]

1284 Die Grafenfamilie v. Ziegenhain gibt dem Kloster Haina tauschweise unter anderem einige Äcker gen. Schet, die einst zum Dorf „Gerwishan" geschla­gen wurden und bis an die Landstraße (stratam publicam que laut straz dicitur) reichen sollen [11, 41]

1294 Die Grafenfamilie v. Ziegenhain vertauscht „Gerwishain" dem Kloster Haina samt dem Gericht und allem Zubehör an Höfen, Äckern usw. zu ewigem Besitz in demselben Recht, zu dem sie selbst es bisher besaßen [11]

1295 Graf Gottfried v. Ziegenhain bekundet, daß die vier Brüder gen. Krug den von ihm lehnsrührigen Zehnten zu „Gerwishain" aufgelassen haben und übergibt den Zehnten auf ihr Bitten dem Kloster Haina zu freiem Besitz

1296 Die vier Brüder gen. Krug verkaufen mit Zustimmung ihrer Ehefrauen und Söhne ein Viertel ihres Zehnten in der Gemarkung des Dorfes „Gerwishayn" samt allem Zubehör an das Kloster Haina [11]

1297 Lutgard, Geistliche, und ihre Söhne Bruno und Eckehard von „Gerwinshain" übereignen ihre Güter zu Gerwigshain mit allem Recht und Zubehör dem Kloster Haina [11]

1308 Graf Johann von Ziegenhain bekundet, daß Ritter Rudolf Crug von Josbach mit Zustimmung der Erben ein von Ziegenhain lehnsrühriges Viertel des Zehnten zu „Gerwishayn" aufgelassen hat, und übereignet den Anteil auf Bitten Rudolfs dem Kloster Haina [11]

1330 Die v. Linsingen verzichten gegenüber dem Kloster Haina auf ihren An­spruch am Markrecht zu „Gerwinshayn" [11]

1339 Wäppner Widecho v. Mengsberg und seine Frau bekunden, daß Kloster Haina ihnen und ihrem ältesten überlebenden Sohn auf Lebenszeit Güter in Dorf und Gemarkung „Gerwishayn", 16 Morgen in jeder Flur samt Zu­behör, verliehen hat, wobei sich das Kloster den ihm geschuldeten großen Zehnten vorbehält. Sie haben dort im nächsten Jahr wie die übrigen Landsiedel Gebäude zu errichten, um selbst dort zu wohnen [11]

1342 Apt Gerhard und der Konvent zu Haina versprechen Graf Johann v. Zie­genhain und seinem Sohn Graf Gottfried, daß sie ihr Gericht über das Dorf „Gerwinshan" selbst behalten und weder durch Geschenk, Kauf oder Tausch veräußern [ 11 ]

1350 Graf Johann v. Ziegenhain erhält von dem Kloster Haina durch Tausch das Gericht zu „Gerwinshain" samt Zubehör zurück. Kirchpatronat und alle Güter, Vorwerke, Zehnten, Hufen, Dienste, Eigenleute, Zinsen u. a. des Klo­sters sind davon nicht betroffen. Die Wälder in dem genannten Gericht samt Forst- und Huterechten verbleiben ebenfalls weiterhin dem Kloster [11]

1354 Erzbischof Gerlach von Mainz bestätigt dem Kloster Haina den Besitz sämtlicher von Mainz herrührenden Zehnten, Besitzungen und Lehnsgü­ter, unter anderen auch „Gerwinshain" [11]

1357 Die v. Linsingen verzichten auf Ansprüche gegen das Kloster Haina wegen des Waldrechts an einem erkauften Gütchen zu „Gerwinzheyn" und sonsti­gen Gütern des Klosters ebd. [ 11]

1368 Gerwigshain gehört zum Amt Schönstein

15. Jh.  „Gerwinsheim" in dem Archidiakonatsregister unter der Sedes Neustadt er­wähnt [44]

1526 Gerechtsame (Vorrecht, Nutzungsrecht) der Gemeinde Mengsberg zu Gerwigshain [A 5]

 

 

Wüstung Ottenrode

Es ist nicht eindeutig erwiesen, ob der Ort Ottenrode in der heutigen Gemarkung Mengsberg zu suchen ist. Die genaue Lage des Ortes ist unter den Heimatforschern umstritten. Für Malkmus [27] ist Ottenrode identisch mit Etzenrode, südöstlich des Etzgeröder Hofes in der Gemarkung Momberg. Nach Klibansky [24] ist diese Identifizierung mit Etzenrode unmöglich. Für ihn ist Ottenrode identisch mit Hottenrod südöstlich von Neustadt. Landau [25] und Reimer [31] hingegen sehen die Lage von Ottenrode südwestlich von Mengsberg. Wir dürfen wohl dieser Einschätzung recht geben, da in der von Landau beschriebenen Lage südwestlich von Mengsberg noch heute die Flurbezeichnung „im Otteroth" gebräuchlich ist. Desweiteren sprechen Scherbenfunde auf dieser Flur aus dem 13. und 14. Jahrhundert Für den Ort Ottenrode in der Gemarkung Mengsberg.

Ottenrode war wohl nur ein sehr kleiner Ort bestehend aus einigen Hofstätten und vermutlich ohne eigene Kirche. Der Ort dürfte wohl in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts oder im 15. Jahrhundert wüst geworden sein.

Durch Urkunden ist folgendes von Ottenrode bekannt:

Die erste urkundliche Erwähnung von Ottenrode geht auf das Jahr 1290 zurück. Unter ziegenhainischer Herrschaft gehörte Ottenrode im 13. Jahrhundert zum Gericht Neustadt. 1294 erwarb Erzbischof Gerhard von Mainz Burg und Stadt Neustadt mit allem Zubehör durch Kauf von den Grafen von Ziegenhain. Wollen wir einer Angabe des Ziegenhainer Urbars von 1360 / 67 Glauben schenken, so erwirbt das Erzstift Mainz Ottenrode zusammen mit anderen Orten erst im 14. Jahrhundert tauschweise von den Grafen von Ziegenhain.

Ortsadel ist von 1290 - 1295 durch „Bruno von Ottenrode" belegt. Um das Jahr 1360 wird in einer Rechnung über mainzische Fruchteinkünfte in Richerode und Enzenrode ein Lehnsmann „Gunther von Ottenrode" erwähnt.

 

Zeittafel der Wüstung Ottenrode

1290 „Bruno von Ottinrode" als Zeuge in einer Verkaufsurkunde von Treysa vom 22. Juli 1290 erwähnt [ 11 ]

1293 Hofstätten zu „Udelnerode" (wohl Ottenrode) in Urkunde von Neustadt am 24. Juni 1293 erwähnt [11]

1294 „Bruno von Ottinrade" in Urkunde vom 5. März 1294 erwähnt [11]

1294 Erzbischof Gerhard von Mainz erwirbt Burg und Stadt Neustadt mit den zugehörigen Dörfern, unter anderen auch Ottenrode, durch Kauf von den Grafen von Ziegenhain [3, 24]

1295 „Bruno von Ottinrade" verkauft seine Güter in „Ottinrade" dem Stifte Fritzlar [25]

1324 Mainz besitzt in Ottenrode einen Hof, aus dem jährlich 5 Mött Korn und 5 Mött Hafer in die Mainzfische Kellerei gelangen [Staatsarchiv Würzburg: Amöneburger Kellerei-Rechnungen 1324 ff.]

1341 „Ottinrade" wurde von Ritter Lewinsteyn von Löwenstein ausgeraubt und in Brand gesteckt [25, 30]

1348 Ein 3 Malter zinsendes Allod zu „Ottenrode" gelangt durch Tausch von dem Stift Fritzlar an das Prämonstratenserstift Spieskappel [6, 25, 26]

um 1360 „Gunther von Ottenrode" in Rechnung über mainzische Fruchteinkünfte erwähnt [Staatsarchiv Würzburg: Mainzer Urkunde, weltl. Schrank 65/6E]

14. Jh.  Erzstift Mainz erwirbt „Ottinrode" zusammen mit anderen Orten tauschweise von den Grafen von Ziegenhain [A 1]

15.Jh.   „Ottinradt" in dem Archidiakonatsregister unter der Sedes Neustadt erwähnt [44]

 

Entwicklung der Gemeinde ab 1900

Aus den Gemeindeprotokollbüchern von Mengsberg:

1905    Fertigstellung der Gemeindewasserleitung

1910/12 Die Zusammenlegung in der Gemarkung wurde abgeschlossen 1921  Die Elektrifizierung der Gemeinde wurde abgeschlossen

1928    Erweiterung des Friedhofes (Richtung Buchholz)

1934    Ankauf einer Motorspritze für die Feuerwehr

1935    Schulhaus wird für zwei Klassen umgebaut

1935    Der Rote Berg und der Harthberg werden aufgeforstet

1936    Der Gemeindewald „Die Struth" wird abgeholzt und zur Rodung für Ackerland zur Verfügung gestellt

1936    Die Hutung im Engelhain soll aufgeforstet werden

1937    Die Gasse wurde zur Gemeindestraße ausgebaut

1944    Neuanlegung eines Friedhofes 1948/49 Die neue Wasserleitung wird gebaut

1951    Ankauf einer zweiten und dritten Kirchenglocke

1951    Bau einer Kanalisation; diese Arbeiten dauerten mehrere Jahre, gleichzeitig wurden auch die Ortsstraßen geteert

1958    Ankauf der vierten Kirchenglocke

1962    Ankauf eines Feuerlöschfahrzeugs

1962    Bau eines neuen Gemeindehauses (Kirchengemeinde)

1966/67 Bau der neuen Schule im Hegeholz (Einweihung 15. 9. 1967)

1970/71 Bau eines neuen Kindergartens im Hegeholz

1972    Grundsteinlegung vom Hallenbad im Oktober

1973    Neubau eines Feuerwehrgerätehauses

1974    Mengsberg wird durch Gebietsreform nach Neustadt eingemeindet

 

BACKHÄUSER VON MENGSBERG


Letztes funktionierendes Backhaus in Mengsberg (Treysaerstr.) (Willi Weitzel)

Im Jahre 1786 wurden, auf Befehl des Landgrafen von Hessen, sämtliche Backhäuser in privatem Besitz, wegen Brandgefahr und aus Gründen der Holzersparnis, verboten und abgerissen. Zwei Gemeindebackhäuser wurden gebaut, eines in der Schwertzellsgasse und das andere am oberen Teich.

Nur die vier Mühlen - Schlag-, Hain-, Sommer- und Eisenmühle - durften Backhäuser besitzen. Allen Bürgern standen die Backhäuser zum Brotbacken zur Verfügung. Am Sonntagabend fanden sich diejenigen, welche in der kommenden Woche backen wollten, bei den Backhäusern ein. Kam es vor, daß mehrere am gleichen Tag backen wollten, so entschied das Los die Reihenfolge. Das Anheizen war folgendermaßen geregelt: Das Anheizen am Montagmorgen, wenn die Backöfen durch den dazwischenliegenden Sonntag besonders ausgekühlt waren, wurde nicht verlost, sondern dies geschah reihum durch die Bürger, von Haus zu Haus.

So waren die Backhäuser Orte der Kommunikation und Schauplätze der, vorwiegend von Frauen, geleisteten Arbeit. Die Kinder freuten sich immer auf diese Backtage. Gab es doch meist aus Teigresten noch ein rundes Apfellaibchen, manchmal auch einen Apfel- oder Zwiebelplatz, der in Rüböl gebackene "Fetthans" soll ebenfalls nicht vergessen sein. All diese Dinge schmeckten besonders gut.

 

 

STEINRELIEF IN DER ALTEN KIRCHENMAUER

 

Dieses in Stein gehauene Relief dürfte wohl das älteste Kleinod in der so bewegten Dorfgeschichte von Mengsberg sein. Es hat Zerstörungen, Feuersbrünste und Kriege überstanden. (alter Grabstein)

Es befindet sich, eingefügt in die alten Reste der Mauer, an der erstmals im Jahre 1364 erwähnten Kirche von Mengsberg, deren Patron der damalige Graf von Ziegenhain war. All diese Zeugen der Vergangenheit wollen wir unseren Dorfbewohnern wieder ins Gedächtnis rufen.

 

DIE LINDEN VON MENGSBERG

 

Auf dem Rasen befinden sich drei alte Linden, die schätzungsweise ein Alter von 700 Jahren haben. Im Jahre 1888 wurden die auf dem Platz stehenden kleineren Linden, und im Zuge der Dorfverschönerung 1981, fünf weitere Linden dazu gepflanzt. Eine weitere steht auf dem Hofäcker, im Volksmund "Howecker" genannt. Dieser Hofäcker ist wohl der älteste Dorfplatz von Mengsberg. Viel früher als auf dem Rasen, wurden hier unter dieser Linde der Probtanz und die Kirmes abgehalten. Noch eine mächtige Linde ist zu erwähnen. Es ist die Linde auf dem sogenannten "Anspann", oberhalb des letzten Hofes, am Ausgang des Dorfes nach Momberg.

 

 

BRANDKATASTROPHE

 

Am 15. September 1875 war der Großbrand in Mengsberg, dem 70 Gebäude zum Opfer fielen, darunter auch Kirche und Schule, und der das Dorf in bitterste Armut versetzte. Die Hälfte aller Gebäude im Dorf waren abgebrannt, Vieh und Menschen obdachlos geworden, der Heu- und Strohvorrat verloren. Nur langsam und mühsam hat sich das Dorf von diesem schweren Schlag erholt. Bis zum 1. Weltkrieg wurde zur Erinnerung an jenen Schreckenstag der 15. September als Feiertag und Gottesdienst gehalten. Einige Erinnerungen an diese furchtbare Feuersbrunst sollen festgehalten werden.

Auf der Tenne der Scheuer der Oberförsterei in Mengsberg wurde mit den Dreschflegeln gedroschen. Gegen 10.00 Uhr morgens fuhr plötzlich nach Öffnung eines Zuglochs eine so starke

Flamme über die Tenne, dass die Drescher sich kaum retten konnten. Woher das Feuer kam, ist nie geklärt worden. Es soll durch eine Unvorsichtigkeit des Ortsdieners Weitzel, der unter den Dreschern stand, entstanden sein. Da dieser aber im ganzen Ort sehr beliebt war, da man auch ihm und seiner Familie keine Schwierigkeiten machen wollte, ließ man diesem Verdacht nicht weiter nachgehen. Der Polizei gegenüber sagte der Oberförster aus, er habe schon mehrere Tage Brandgeruch wahrgenommen.

Es sah zunächst so aus, als könne das Feuer auf die Oberförsterei beschränkt werden. Mehrere Stunden lang wütete es nur in der Scheune und dem damit zusammenhängenden Wohnhaus (Nr. 54, jetzt Förster Gebauer). Aber dann sprang das Feuer auf mehrere Bauernhöfe über. Jetzt schwangen sich einige Bauernjungen auf ihre Pferde und ritten als Feuerreiter in alle Nachbardörfer und schlugen Feueralarm. Die Feuerwehren von Wasenberg, Florshain und Momberg waren schnell zur Stelle, bald auch die von Wiera. Jede nahm einen brennenden Hof

sich vor und versuchte ihn zu retten. Der Wasenberger Feuerwehr ist es gelungen, den Hof Nr. 6, direkt neben dem Brandherd gelegen, zu retten., er gehörte einem gebürtigen Wasenberger, dem Bauern Hans Klaus Rang. Der Hof Kahl auf der anderen Straßenseite, zur Zeit gerade im Neubau, wurde von der Florshainer Feuerwehr verteidigt, konnte aber aus Wassermangel nicht gerettet werden. Die Momberger bekämpften das Feuer auf den Hof des Ökonom Peter Schwertzel. Jetzt aber kam durch die große Hitze ein sehr starker Ostwind auf, dadurch griff das Feuer wieder auf die Nachbarhöfe über. Die Feuerwehr von Wiera versuchte die Stocksmühle zu retten; als das Wasser dazu nicht reichte, löschten sie weiter mit Jauche. Heinrich Happels Hof brannte ab, dort fiel zugleich auch die alte Wehrküche, der älteste Bau der Gemeinde, um 1300 von dem Grafen von Ziegenhain erbaut, den Flammen zum Opfer. Jetzt kam der Müller Heinrich Korell, der sich auf die geheimen Künste verstand und auf seinen Aberglauben schwor, und versuchte, das Feuer zu besprechen. Auch ihm gelang es nicht, und ein niederstürzender brennender Balken hätte ihn fast erschlagen. Der Bauer Nauß wurde schwer betroffen, seine Pferde verbrannten ihm.

Als schließlich der Kirchturm zu brennen begann, geriet auch der obere Teil des Dorfes in große Gefahr. Schule, Kirche und die Gehöfte Ochs und Schäfer brannten so rasch nieder, dass mehrere Personen in Lebensgefahr gerieten. Des Bauern und Bürgermeisters Johannes Schäfer, Sohn Jakob, damals Rektoratsverweser in Treysa, seit 1877 Pfarrer in Densberg, war gerade auf Urlaub in diesem seinen Vaterhaus, ihm ist die Rettung der Abendmahlsgeräte aus der Kirche zu verdanken.

Er drang in die schon brennende Kirche ein, raffte die Abendmahlsgeräte, die alte Altarbibel und einige Notenhefte zusammen und rettete sie und sich durch einen Sprung aus dem Kirchenfenster. Nun fegte der aufkommende Sturm auch durch die zersprungenen Fenster in das Gotteshaus. Die ohnmächtigen, entsetzten Zuschauer erlebten wie durch den Wind und die Hitze verursacht, die Orgel von selbst zu spielen begann, es habe sich jämmerlich angehört. Mehrere alte Männer zogen dabei ihre Hüte ab und sangen einen Choral: "Aus tiefer Not schrei ich zu Dir!"

Auch die beiden Glocken der Kirche gingen verloren. Die eine von ihnen war besonders wertvoll. Sie stammte der Sage nach aus dem untergegangenen Dorf Gerwigshain und wurde als "Silberglocke" bezeichnet. Sie soll, um sie vor dem Feind zu retten, im "Glockenborn" versenkt und später nach Mengsberg gebracht worden sein. Ein Brocken von dem ausgekühlten Glockenerz ist, wahrscheinlich durch Pfarrer Jakob Schäfer nach Treysa geraten, in der dortigen Schule aufbewahrt und noch oft Besuchern gezeigt worden.

Die alte Bibel, die aus der verbrannten Kirche gerettet wurde, ist in so alter Schrift und Sprache gedruckt, dass sie im Gottesdienst kaum noch zu Lesungen benutzt werden kann. Aber sie liegt bis zum heutigen Tage auf dem Altar, zur Erinnerung an diesen Brandtag.

In der Schule sah der Lehrer zunächst keine unmittelbare Brandgefahr und verbot den Schulkindern, den Raum zu verlassen. Zum Glück gehorchten sie nicht, die älteren Jungen sprangen aus den Fenstern und konnten dann ihre jüngeren Geschwister aus den Häusern retten. Die meisten Leute waren, als das Feuer ausbrach, im Felde bei der Erntearbeit. Menschenleben waren dadurch nicht zu beklagen.

Während das Dorf brannte, sind sogar 2 Kinder geboren worden: Johannes Gömpel und Anna Katharina Schorbach. Die Wöchnerin Schorbach hat man mit dem Kind aus dem brennenden Haus geholt und ins Haus Gömpel, zu der anderen Wöchnerin gebracht . Dort sind auch beide Kinder getauft worden.

In großer Not befand sich die Familie Nass. Beim Retten ihrer Habe hatte die Mutter ihre kleine Tochter auf die Miste in Schorbachs Hof gelegt, wo noch keine Feuergefahr zu drohen schien. Als sie ihr Kind wieder abholen wollte, war inzwischen das Feuer hierher gedrungen und hatte den Misthaufen verbrannt, zum großen Schrecken der Frau war ihr Kind verschwunden. Aber eine Nachbarin konnte sie beruhigen, denn sie hatte gesehen, dass der Momberger Kaplan das Kind an sich genommen hatte. Dort in Momberg hat Frau Nass sich dann ihr Kind wieder holen können.

Der Schaden für die Betroffenen war sehr groß, zumal die Gebäude äußerst niedrig versichert waren. Da die Hälfte der Höfe verbrannt waren, haben viele Leute auf den "Gassegärten" schlafen müssen, bis genug Notwohnungen eingerichtet waren. Das gerettete Vieh hat man auf dem Pfarrhof zusammengetrieben, weil dieser eingezäunt war. Das Vieh soll dort furchtbar gebrüllt haben. Der starke Wind, der durch das Feuer hervorgerufen wurde, soll eine brennende Speckseite aus einem in Brand geratenen Haus bis aufs "Ottenroda" in einen Baum haben fliegen lassen, der auch noch abbrannte.

Schnell zeigte sich auch das allgemeine Mitleid mit der schwer geprüften Gemeinde Mengsberg. Schon am Tag nach dem Brand brachte Konrad Kappes aus Wasenberg, der in Mengsberg geboren war, einen ganzen Wagen voll Brot und Fleischwaren, Spenden der Wasenberger Einwohner. In den anderen Dörfern war es ähnlich, und den ganzen Winter über kamen Wagen mit Heu und Stroh, um die Not der Mengsberger zu stillen, denen alles verbrannt war. Mit dem Wiederaufbau wurde gleich im nächsten Jahre begonnen. Ein Bauer und mehrere Tagelöhner bauten außerhalb des Dorfes, so dass in der Dorfmitte mehr Raum gewonnen wurde.

Im Herbst 1878 wurde die neue Schule eingeweiht, die neue Kirche 1883 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung. Gottesdienst und Schule wurden zuerst im Armenhaus gehalten, bei schönem Wetter im Freien, im Hegeholz. Der Kirchenkasten von Wiera hat zum Kirchenbau viel Hilfe gebracht, aber auch alle anderen Nachbargemeinden.

Dem unermüdlichen Fleiß und der großen Sparsamkeit der Mengsberger Einwohner ist es zu verdanken, dass heute wieder Wohlstand im Dorfe herrscht.

Aber der große Brand vor 100 Jahren bleibt unvergessen.

Walter Gömpel

 

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Quellen:
Chronik von Mengsberg (Willi Weitzel 1981) (Backhäuser)
700 Jahre Mengsberg (W.Gömpel, M.Rudewig 1994)
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